Eine Übersichtsstudie eines brasilianisch-kanadischen Forscherteams offenbart: Parodontitis geht häufig mit einer schwächeren Denkleistung einher. Unklar bleibt, ob die Entzündung des Zahnhalteapparats Ursache, Folge oder Begleiterscheinung demenzieller Entwicklungen ist.
Wenn es neben Karies eine dentalmedizinische Volkskrankheit gibt, dann kommt diese zweifelhafte Ehre der Parodontitis zu. In Deutschland leiden mehr als die Hälfte der 40-Jährigen unter der Entzündung des Zahnhalteapparats. Wobei viele noch nicht wirklich leiden, was Teil des Problems ist.
„Die Parodontitis wird von vielen Patienten über Jahre unterschätzt, weil sie sich kaum bemerkbar macht. Häufig wird erst, wenn die chronische Entzündung weit fortgeschritten ist, das Ruder herumgerissen“, berichtet die in Berlin-Adlershof praktizierende Zahnärztin Dr. Maren Schmidt. In dem Fall droht nicht nur Zahnverlust; auch systemische Erkrankungen können von einer Parodontitis begünstigt werden, da die Keime irgendwann in die Blutbahn gelangen.
Dass gründliche Prophylaxe – von konsequenter heimischer Mundhygiene bis zur regelmäßigen professionellen Zahnreinigung – sinnvoll und notwendig ist, verdeutlicht auch eine Übersichtsstudie von Forschern aus Belém, Rio de Janeiro und dem kanadischen Edmonton. Ziel war es, den Stand der Forschung zum Zusammenhang zwischen Parodontitis und kognitivem Leistungsvermögen zu erfassen.
Die Henne-und-Ei-Frage
Von zunächst 509 ausgewählten Veröffentlichungen zum Thema blieben nach Anlegen scharfer Qualitätskriterien noch acht Beobachtungsstudien übrig. Deren Tenor ist eindeutig: Parodontitis und eingeschränktes Denkvermögen treten signifikant häufig zusammen auf. Menschen mit schwerer Parodontitis haben demnach ein deutlich erhöhtes Risiko, auch demenziell zu erkranken.
Für diesen Zusammenhang gibt es mehrere mögliche Erklärungen, die auf die Henne-und-Ei-Frage hinauslaufen: Begünstigt die Parodontitis den Abbau des kognitiven Leistungsvermögens, oder ist es umgekehrt? Dritte Möglichkeit: Der Zusammenhang besteht lediglich im eher hohen Alter der Betroffenen, sodass Demenz und Parodontitis (etwa wegen zunehmender Mundtrockenheit) unabhängig voneinander als Alterserscheinungen auftreten.
Für die These, dass Parodontitis als Zerfallsbeschleuniger wirkt, sprechen die im Mundraum „beheimateten“ schädlichen Bakterien, die über den Blutkreislauf – direkt oder indirekt über Entzündungsmarker – den Weg ins Gehirn finden können. Festlegen wollen sich die Forscher nicht. Doch ihre Studie liefert einen weiteren überzeugenden Grund, die Parodontitisvorsorge mit großer Sorgfalt zu betreiben.