Eine große Studie offenbar einen Rückgang der Antibiotika-Verordnungszahlen. Darin spiegelt sich ein verantwortungsvollerer Umgang mit der potenten Arznei wider, deren extensiver Einsatz beträchtliche Risiken birgt.
Seit einigen Jahren hat der Begriff „Antibiotika-Resistenzen“ auch abseits medizinischer Fachkreise Bekanntheit erlangt. Denn das damit bezeichnete Phänomen wird zu einer immer größeren Herausforderung für die moderne Medizin. Schon gibt es einige Bakterien, die multiresistent sind, also auf kaum oder sogar gar kein Antibiotikum mehr ansprechen. Allein in Deutschland infizieren sich pro Jahr rund 30.000 Menschen mit multiresistenten Erregern (MRE), für 2.500 von ihnen gibt es keine effektive Behandlung mehr.
„Bakterien sind sehr wandlungsfähig, sie vermehren sich schnell und können dabei Teile ihres Erbguts verändern. Manchmal hat das zur Folge, dass Antibiotika ihre Wirkung verlieren. Aufgrund des großflächigen Einsatzes von Antibiotika nimmt die Zahl dieser Resistenzen stetig zu“, erklärt Dr. Maren Schmidt. Die in Berlin-Adlershof praktizierende Zahnärztin plädiert deshalb für einen umsichtigen und zielgerichteten Einsatz von Antibiotika.
Fakt ist: In vielen Fällen werden Antibiotika angewendet, obwohl sie gar nicht wirken oder zumindest durch eine weniger nebenwirkungsreiche Arznei ersetzt werden könnten. Immerhin aber gibt es eine positive Tendenz zu verzeichnen, wie eine aktuelle Studie offenbart.
Verordnungszahl von 562 auf 446 pro 1.000 Patienten gesunken
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) hat die Arzneiverordnungen gesetzlich Versicherter in den Jahren 2010 bis 2018 unter die Lupe genommen. Dabei zeigte sich: Die niedergelassenen Ärzte werden zunehmend zurückhaltender im Umgang mit dem hochpotenten Medikament. Im vergangenen Jahr verschrieben sie mit 446 pro 1.000 Patienten rund 21 Prozent weniger systemische Antibiotika als 2010, als es noch 562 waren.
Es hängt allerdings auch vom Lebensort ab, wie ausgiebig Antibiotika verschrieben werden. Berlin etwa liegt mit einer Quote von 379/1.000 unter dem Bundesdurchschnitt. Brandenburg verzeichnet mit 317/1.000 die niedrigste Quote, während im Saarland (572/1.000) am freigiebigsten Antibiotika verordnet werden.
Der Rückgang betrifft erwachsene Patienten indes weniger; am stärksten sanken die Verordnungszahlen bei den unter Einjährigen, deren Quote sich von 630 auf 320 pro 1.000 Versicherte fast halbiert hat. Auch bei den unter 14-Jährigen fiel der Rückgang mit 44 Prozent deutlich höher aus als in der Gesamtbevölkerung. Doch unterm Strich bleibt die gute Nachricht, dass Antibiotika mit immer mehr Vorsicht eingesetzt werden.