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Vorsicht bei der Selbstmedikation

Viele Patienten greifen bei Zahnschmerzen kurzerhand zu Paracetamol, auch wiederholt und in hohen Dosen. Dadurch drohen gravierende Leberschäden und schlimmstenfalls ein Multiorganversagen.

Tablette einnehmen, alles wieder gut: Nach diesem Motto verfahren zahlreiche Patienten, die von akuten Zahnschmerzen geplagt werden. Lässt die Wirkung des Schmerzmittels nach, wird einfach die nächste Tablette nachgelegt. Insbesondere Patienten mit Zahnarztangst versuchen oftmals auf diese Weise, eine Behandlung zu umgehen. Das ist jedoch kein nachhaltiger Lösungsansatz – vielmehr riskiert man neben einer Verschlimmerung des auslösenden Leidens auch Organschädigungen durch die Selbstmedikation.

„Schmerzmittel wie Paracetamol sollten nicht ohne ärztliche Kontrolle über längere Zeit und/oder in höheren Dosierungen eingenommen werden“, warnt die in Berlin-Adlershof tätige Zahnärztin Dr. Maren Schmidt. „Die Leber, aber auch andere Organe können dabei erheblichen Schaden nehmen. So ist eine Paracetamol-Fehlanwendung der häufigste Auslöser für akute Leberschäden in Europa. Im schlimmsten Fall drohen ein Leberkoma und am Ende ein lebensbedrohliches Multiorganversagen.“

38 Prozent der Überdosierungen gehen auf Zahnprobleme zurück
Das Queen’s Medical Centre im englischen Nottingham hat kürzlich im „British Dental Journal“ eine Studie zu unbeabsichtigten Paracetamol-Überdosierungen veröffentlicht. Über zwei Jahre hinweg hatten die Forscher insgesamt 436 Fälle erfasst und ausgewertet. Wie sich zeigte, gingen 38 Prozent der Überdosierungen auf eine Selbstmedikation zur Bekämpfung von Zahnschmerzen zurück.

Solche Werte sind zwar nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar, da sich die Gesundheitssysteme unterscheiden. Dennoch ist Paracetamol auch hierzulande schier allgegenwärtig: Über 50 Millionen Packungen werden jährlich verkauft. 2010 (jüngere Daten liegen nicht vor) wurden in Deutschland nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 850 gesetzlich Versicherte wegen einer Paracetamol-Überdosis stationär behandelt.

Tückisch für die Patienten ist der schleichende Verlauf einer solchen Vergiftung: Oft dauert es einen Tag, bis nach der Einnahme Symptome auftreten, die dann nicht selten zunächst wieder abklingen. Appetitlosigkeit, allgemeines Unwohlsein, Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und Erbrechen können Anzeichen sein. Die Leber hat in diesem Stadium bereits Schaden genommen. Nach rund fünf Tagen ist das Leben der Patienten akut bedroht. Ab welcher Wirkstoffmenge eine schwere Vergiftung wahrscheinlich wird, ist umstritten; Studien nennen eine Einzeldosis von 6 bis 10 Gramm als kritische Grenze. Darüber hinaus kann aber auch eine leichte Überdosierung, wenn sie wiederholt über mehrere Tage erfolgt, zu lebensbedrohlichen Folgen führen.