Eine zuckerarme Ernährung tut den Zähnen gut. Doch wer auf zahnschonende Lebensmittel Wert legt, sollte genau hinschauen, wie eine Studie aus Halle-Wittenberg zeigt.
Als Klassiker gilt unter Ernährungsforschern eine australische Kuchenmischung: Auf der Verpackung prangte der einladende Hinweis „97 Prozent fettfrei“. Erst im Kleingedruckten konnte man erfahren, dass das Produkt zu 55 Prozent aus Zucker bestand und damit gesundheitlich nur bedingt zu empfehlen war. Es ist anzunehmen, dass viele Käufer davon keine Notiz nahmen und glaubten, ohne Gewissensbisse schlemmen zu können.
Unterfüttert wird diese Annahme aktuell durch eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Wie die Forscher im Fachjournal „Food Quality and Preference“ berichten, wirkt sich ein Verpackungshinweis auf Fettfreiheit günstig auf den Gesamteindruck eines Lebensmittels aus, auch wenn es genauso viel Zucker enthält wie Produkte ohne diesen Hinweis.
Anders ausgedrückt: Viele Menschen gehen automatisch davon aus, dass „fettarm“ auch „zuckerarm“ bedeutet. Wenn sie dann darüber aufgeklärt werden, dass der Zuckergehalt ähnlich hoch wie in anderen Lebensmitteln der jeweiligen Kategorie ist, wird das fettarme Produkt eher verschmäht – trotz seiner geringeren Kalorienzahl. Möglicherweise sorgt die Enttäuschung über die gefühlte Irreführung für den Wunsch, das Produkt „abzustrafen“.
760 Personen zu Joghurtverpackungen befragt
Diese Erkenntnisse gewannen die Wissenschaftler, indem sie mit 760 Personen online drei Experimente durchführten, bei denen die Wahrnehmung und Attraktivität von Joghurtverpackungen erhoben wurden. Einem Teil der Probanden wurden die Hauptnährwertangaben sofort mit angezeigt, einem anderen Teil erst in einem späteren Durchgang, sodass sie zunächst nur den Hinweis „fettarm“ sehen konnten.
„Unsere Studie zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich von einem Produkt getäuscht fühlen können, obwohl Herstellerangaben wie ‚fettarm‘ streng genommen stimmen, aber gleichzeitig einen Teil der Wahrheit verdecken“, resümiert Studienleiter PD Dr. Steffen Jahn. Und sie liefert zugleich einen weiteren Grund für die Verbreitung von Karies. Wer den Zuckergehalt eines Lebensmittels falsch einschätzt, mutet seinen Zähnen möglicherweise mehr von dem „süßen Gift“ zu, als ratsam wäre. „Zucker wird im Mund von Bakterien in Säure umgewandelt, die dann den Zahnschmelz attackiert. In der Folge wird die Entstehung von Karies begünstigt“, warnt die in Berlin-Adlershof praktizierende Zahnärztin Dr. Maren Schmidt. „Eine zuckerarme Ernährung ist daher nicht nur für die Allgemeingesundheit zu empfehlen, sondern trägt auch zu gesunden und schönen Zähnen bei.“