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Können Antibiotika zu „Kreidezähnen“ führen?

Dass die frühkindliche Einnahme von Antibiotika eine Rolle bei der MIH-Entstehung spielt, ist belegt. Darauf weist auch der aktuelle Barmer Zahnreport hin. Fachgesellschaften betonen jedoch, dass eine Ursache-Wirkungs-Beziehung noch nicht bewiesen werden konnte.

Für die Kinder ist es eine Tortur, für die Eltern ebenfalls: Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) „pulverisiert“ gleichsam die Backen- und/oder die Schneidezähne. Zunächst treten gelbe oder bräunliche Flecken auf dem Zahnschmelz auf, der dann im Verlauf der Erkrankung immer poröser wird. Am Ende droht der Verlust des Zahnschmelzes. Dadurch leiden nicht nur die Kaufähigkeit und Ästhetik; MIH geht auch mit erhöhter Empfindlichkeit der Zähne und infolgedessen mit Schmerzen einher. Das in diesem Fall besonders wichtige Putzen wird für die meist jungen Kinder zur Qual, während die Eltern kaum noch wissen, wie sie ihren betroffenen Nachwuchs zur Zahnpflege bewegen können.

„Das als ‚Kreidezähne‘ bekannte Phänomen stellt die zahnmedizinische Forschung vor ein Rätsel, noch immer konnten die Auslöser nicht dingfest gemacht werden. Klar ist bisher nur, dass es nicht an unzureichender Mundhygiene liegt, denn die Zähne brechen bereits MIH-geschädigt durch“, erklärt die in Berlin-Adlershof praktizierende Zahnärztin Dr. Maren Schmidt. „Bis auf Weiteres können daher nur die Schädigungen per Füllung oder Krone behoben und mit Fissurenversiegelung und/oder Fluoridlack der Zahnschmelz gestärkt werden. Zudem sind gründliche heimische Mundhygiene und engmaschige zahnärztliche Kontrollen dringend zu empfehlen.“

Fachverbände ergänzen Barmer Zahnreport mit Statement
Der diesjährige Barmer Zahnreport widmet sich schwerpunktmäßig der MIH und stellt Zusammenhänge zwischen der Erkrankung und der Verordnung von Antibiotika in den ersten Lebensjahren der Betroffenen fest. Der Titel „Kreidezähne – Sind Antibiotika die Ursache?“ lenkt indes offenbar nach Meinung zweier zahnärztlicher Fachgesellschaften den Fokus zu sehr auf diesen potenziellen Risikofaktor. In einer gemeinsamen Stellungnahme weisen die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) darauf hin, dass die Ursachenforschung noch immer am Anfang stehe.

„Ein einzelner kausaler Faktor mit einem hohen Evidenzgehalt konnte … bisher nicht ermittelt oder ausreichend belegt werden“, lässt die DGKiZ-Präsidentin Prof. Dr. Katrin Bekes verlauten. Sie führt als weitere infrage kommende Faktoren Umweltgifte (Bisphenol A), Infekte in den ersten drei Lebensjahren, Vitamin-D-Mangel oder auch chronische Atemwegserkrankungen an. Auch DGZMK-Präsident Prof. Dr. Roland Frankenberger sieht noch keinen „klaren Zusammenhang“ zwischen der Antibiotika-Einnahme und MIH. Sowohl die beiden Fachgesellschaften als auch die Barmer-Autoren stimmen darin überein, dass es dringend weiterer Forschung bedarf, um die Erkrankung zurückzudrängen.