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„Dentales Screeningprogramm“ gegen Herzinfarkt

Um knapp die Hälfte steigt das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse, wenn man an Parodontitis erkrankt ist. Schwedische Forscher schlagen deshalb vor, die Herz-Kreislauf-Prophylaxe teilweise in die Zahnarztpraxen zu verlegen.

Es ist keine Überraschung, untermauert aber eine These, die immer mehr zum Konsens in der Forschergemeinde wird: Parodontitis-Patienten haben gegenüber zahngesunden Menschen ein um 49 Prozent erhöhtes Risiko eines Herzinfarkts, Schlaganfalls oder einer schweren Herzinsuffizienz. So lautet das zentrale Ergebnis einer Studie, die am Karolinska-Institut in Stockholm durchgeführt wurde.

Die Forscher beobachteten 1.587 Personen über durchschnittlich gut sechs Jahre hinweg, als Follow-up-Studie einer Untersuchung, bei der auffällig viele Parodontitis-Patienten unter Herzinfarkt-Betroffenen ausgemacht wurden. Dieser Zusammenhang sollte nun anhand einer Gruppe aus Herzinfarkt-Patienten und Kontrollpersonen weiter erforscht werden.

Im Beobachtungszeitraum kam es insgesamt lediglich zu 205 relevanten kardiovaskulären Ereignissen – eine für wissenschaftliche Evidenz eher geringe Zahl. Dennoch gibt sich Studienleiterin Dr. Giulia Ferrannini von der Aussagekraft der Ergebnisse überzeugt: „Trotz allem gingen Zahnerkrankungen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen und Tod einher.“

Keimherd im Mundraum
Dass eine Korrelation zwischen der Volkskrankheit Parodontitis und systemischen Erkrankungen wie Diabetes oder eben Herz-Kreislauf-Leiden besteht, wurde bereits vielfach durch Studien belegt. Umstritten bzw. unklar ist jedoch noch, auf welche Weise Parodontitis Folgewirkungen im Organismus erzeugt – und ob es sich überhaupt um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung handelt oder nicht vielleicht doch um das gleichzeitige Auftreten zweier Folgewirkungen, für die es eine dritte Ursache gibt. „Vermutet wird, dass die permanente Entzündung im Mundraum auf kurz oder lang dazu führt, dass Bakterien in den Blutkreislauf gelangen und dort Krankheiten auslösen oder zumindest begünstigen“, erklärt die in Berlin-Adlershof praktizierende Zahnärztin Dr. Maren Schmidt.

Ins gleiche Horn bläst auch Studienautorin Dr. Ferrannini: „Wir postulieren, dass die Beschädigung des parodontalen Gewebes bei Menschen mit Zahnerkrankungen den Transfer von Keimen in die Blutbahn erleichtern könnte.“ Ein „dentales Screeningprogramm“ mit regelmäßigen Untersuchungen und Mundhygiene-Schulungen könne daher helfen, „erste und weitere Herz-Kreislauf-Ereignisse zu verhindern“.