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Den Hauptrisikofaktor für Implantate unschädlich machen

Ein innovativer Therapieansatz verbindet Antibiotika und Silberionen, um mit potenzierter Kraft eine Infektion am Implantat zurückzudrängen.

Mit Zahnimplantaten ist es wie mit Hüftimplantaten: Grundsätzlich kann es beim Einsetzen auch bei größter Sorgfalt zu Infektionen kommen. Deren Therapie stellt die Medizin vor Herausforderungen: „In der Regel werden per Infusion oder Tabletten Antibiotika verabreicht, um die Keime abzutöten“, erläutert die Implantologin Dr. Maren Schmidt, die in Berlin-Adlershof eine Zahnarztpraxis betreibt, „doch auf diesen Wegen lässt sich das Medikament häufig nicht hoch genug dosieren. Hinzu kommt das Risiko von Resistenzen gegen die verwendeten Antibiotika.“

Lässt sich die Infektion nicht eindämmen, lockert sich das Implantat auf kurz oder lang und muss dann ausgetauscht werden. Und nicht nur das: Auch die Gefahr einer fortbestehenden Infektion am Ersatzimplantat besteht. Um diese auszuschließen, haben Forscher verschiedener Fraunhofer-Institute eine Methode ersonnen, die die Keimbekämpfung auf eine neue Stufe heben soll.

Synergien heben mit „Synergy-Boost“

Die Wissenschaftler haben ihr „Synergy-Boost“ getauftes Verfahren auf einen schon länger bekannten Effekt gegründet: Bringt man Antibiotika und Silberionen (die ebenfalls Bakterien abtöten) zusammen, dann steigern sie gegenseitig ihre Wirkung – ein Synergie-Effekt also. Medikament und Silberionen werden direkt auf das Ersatzimplantat aufgetragen und können so ihre Wirkung sofort in der Implantatumgebung entfalten. „Die Speichermöglichkeiten für die Antibiotika haben wir am Fraunhofer IFAM bereits untersucht. Dazu haben wir verschiedene Beschichtungsarten entwickelt“, erklärt Kai Borcherding vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM.

Um eine Resistenz der Bakterien gegen das verwendete Antibiotikum auszuschließen, wird zunächst ein Antibiogramm erstellt. Dazu entnimmt man Proben des befallenen Gewebes und kultiviert daraus die enthaltenen Keime. So kann die Wirksamkeit des Antibiotikums im Vorhinein sichergestellt werden.

Ebenfalls wichtig ist das Verhältnis von Silberionen und Medikament. Je nach Bakterienart können sich hier verschiedene Mischungen empfehlen. Anhand von vier Leitkeimen, also besonders häufigen Erregern, testeten die Forscher 20 Antibiotika in verschiedenen Mischungsverhältnissen mit den Silberionen. Insgesamt werteten sie dafür mehr als 9.000 Proben aus. Für die vier Leitkeime konnten sie so die jeweils idealen Kombinationen eruieren.

Derzeit erbringen die Wissenschaftler den Wirksamkeitsnachweis ihrer neuen Methode, zudem wird eine Dokumentation – Voraussetzung für die Zulassung als Medizinprodukt – angefertigt. Die Innovation könnte damit schon in absehbarer Zeit Einzug in die implantologische Praxis halten.